Common Goal - 1% für eine bessere Welt

Einige Sportarten und gerade der Fussball genießen das Privileg, viel Aufmerksamkeit zu bekommen und durch zunehmende Kommerzialisierung, in Wirtschaftssphären vorzudringen, von denen andere Unterhaltungsbranchen nur träumen können. Mit der wachsenden Reichweite/Aufmerksamkeit des Sports oder einzelner Sportler wächst auch das Interesse von Unternehmen an den Ligen/Vereinen/Spielern. Folge: Fernsehverträge werden immer hochdotierter – Ablösesummen steigen, Spielergehälter ebenfalls.

Wenn doch so viel Geld in diesem System steckt und Vereine Umsätze wie Großkonzerne machen, warum wird dann nicht versucht, den Cashflow zu nutzen, um damit das Leid in der Welt zu verringern? Selbstverständlich haben viele Vereine eigene Projekte, die sie unterstützen, eigene Corporate-Social-Responsibility-Konzepte und Stiftungen, in denen sie sich nicht erst seit gestern sozial engagieren. Dasselbe gilt für eine Menge Spieler. Viele sind sich ihrer Verantwortung bewusst und versuchen durch Spenden, Stiftungen oder andere Tätigkeiten zu helfen. Was aber, wenn man dieses wirtschaftliche Potential bündeln könnte - alle an einem Strang ziehen?

Was die Politik immer wieder versäumt, nämlich die Wirtschaft mehr in die Pflicht zu nehmen, kann der Fussball zumindest in der Theorie beschleunigen und eine Vorreiterrolle einnehmen (idealerweise hin zu einem System, das eine Art „Sozialsteuer“ auf Umsätze erhebt). Der Weg bis dahin ist weit und die Institution Fifa wird sich nicht ohne weiteres auf solch ein Unterfangen einlassen.

Dennoch: Wenn „die Politik“ schon – überspitzt gesagt – den Markt sich selbst überlässt, warum dann nicht in einem anderen Teilsystem der Gesellschaft – dem Sport (in diesem Fall Fussball) – den Vorteil einer „demokratischen Unabhängigkeit“ nutzen, um durch Maßnahmen und Regelungen weltweite Schlüsselprobleme zu bekämpfen und gleichzeitig beispielhaft vorzugehen?

Ein Projekt, das sich solch ein Vorhaben auf die Fahne geschrieben hat, ist die des spanischen Fussballprofis Juan Mata und seine mit Jürgen Griesbeck im August 2017 gegründete Initiative Common Goal. Diese Initiative funktioniert wie eine Art Fonds und unterstützt weltweit soziale Projekte. Die Einnahmen bestehen aus einem „Gentleman Agreement“ der mitmachenden Akteure, die sich dazu bereiterklären, 1% ihres Gehalts an Common Goal zu geben.

Ursprünge

Jürgen Griesbeck, der Initiator, versucht seit den 90er Jahren mit verschiedenen Projekten Fussball zu nutzen, um soziale Probleme zu bekämpfen. Angefangen mit Fussball für Frieden in Kolumbien, begann er durch streetfootballworld, das verschiedenste bereits bestehende Projekte miteinander vernetzte, um erfolgreicher zu sein, seine Aktivitäten global zu betreiben. Letztlich bis hin zu Football for Hope, das zu einem CSR-Projekt (Corporate-Social-Responsibility) der Fifa wurde.

„Die Welt des Profi-Fußballs als Maßstab verdiene ich ein normales Gehalt. Aber verglichen mit 99,9 Prozent der spanischen Gesellschaft und dem Rest der Welt ist es ein unanständiger Lohn. (...) Ich würde Einbußen im Gehalt ohne weiteres hinnehmen, wenn es weniger geschäftliche Einflüsse in den Sport geben würde," sagte Mata.

Als Griesbeck 2016 von den Aussagen von Juan Mata in dem spanischen Magazin La Sexta erfuhr, nahm er kurze Zeit später Kontakt zu Mata auf. Gute Gespräche folgten und sie gingen mit Common Goal gemeinsam an die Öffentlichkeit.

Common Goal wird geführt wie ein Sozialunternehmen, folglich gibt es eine klare Zielvorstellung. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wollen sie 100% der Fussballbranche konvertiert haben. 1% aller Umsätze sollen dann für wohltätige Zwecke benutzt werden – ein ambitioniertes Ziel. Common Goal gibt das Versprechen, dass 90% der Einnahmen lokal ankommen, 10 % werden für Qualitätssicherung der Investitionen und Abwicklung der Geldtransfers benötigt.

Mittlerweile machen über 35 Akteure mit, unter anderem Mats Hummels, Julian Nagelsmann oder Giorgio Chiellini. Mit im Boot sind auch einige Nationalspielerinnen aus den USA, Deutschland, Dänemark und England. Ebenfalls dabei der Präsident der Uefa, Aleksander Ceferin.

Wenn sich das in der Industrie durchsetzen würde, könnten schätzungsweise 300-500 Mio. € wirksam eingesetzt werden. Solche Summen würden Entwicklungshilfefonds in nichts nachstehen und könnten substantiell dazu beitragen, dass weltweite Probleme angegangen und abgebaut würden.

Bei aller Kritik: Ob Steuerflucht, Greenwashing, Ablenkung von Ungleichheiten oder Veruntreuung von Geldern – solch ein vorbildliches Projekt hat in jedem Fall Respekt verdient. Wie wärs, Herr Grindel: wenn der DFB schon sportlich kein Zeichen setzen kann, dann zumindest humanitär?

Quellen

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