Bedingungsloses Grundeinkommen: Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Zunächst wurde überlegt, welche Fragen uns zu dem Thema bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) interessieren, welche Modelle sich im Laufe der Jahre entwickelt haben und schlussendlich, welche Argumente ganz allgemein für und welche gegen das bedingungslose Grundeinkommen sprechen.

Was wollen wir wissen?
  1. Welche verschiedenen Konzepte bzw. Namen gibt es für das Grundeinkommen?
  2. Wie ist es ökonomisch umsetzbar?
  3. Welche Ziele werden verfolgt und hat es Aussichten?
  4. Finanzielle oder materielle Ziele?
  5. Wer bestimmt die Höhe des auszuzahlenden Betrags und welche Kriterien sind hierfür relevant?
  6. Gibt es bereits Feldstudien? Mit welchen Ergebnissen?
  7. Ist das Grundeinkommen mit dem Kapitalismus vereinbar?
  8. Wie reagiert das Grundeinkommen auf das sofortige Abschaffen des Sozialstaats?
  9. Vorstellungen von Arbeit in der Zukunft? (momentan Arbeits- und Konsumgesellschaft)
  10. Bringt es eine Veränderung des bisherigen Lebensstils mit sich, bspw. weg von zerstörerischem zu nachhaltigerem Leben?
  11. Wer hat Anspruch auf das bedingungslose Grundeinkommen? Ist es trotz der EU möglich, es nur in Deutschland einzuführen? Wanderungsbewegungen?
  12. Bringt es eine Problemlösung zur Nachhaltigkeit durch weniger Wachstum? 
Straubhaar/Althaus: das „Althaus-Modell“
  • Jede/r BürgerIn erhält 600 Euro, jedes Kind 300 Euro, und als Zuschlag, ergänzt durch 200 Euro, eine „Gesundheitsgutschrift“
  • Abschaffung sämtlicher Sozialleistungen, je nach Bedürftigkeit kann es allerdings einen sogenannten „Bürgergeldzuschlag“ geben
  • Immer gleicher Steuersatz, egal wie viel Einkommen
  • Bürokratie würde nicht mehr gebraucht werden
  • Finanziert wird es über die Einkommenssteuer
  • Dies hat zur Folge, dass der freie Markt gestärkt würde
  • Nach Althaus bauen sich dann auch soziale Ebenen ab
  • Arbeitsmarkt soll vollständig dereguliert werden, beispielsweise wird der Kündigungsschutz in diesem Modell auf einen Tag reduziert
  • Interessant: Das Modell ist eine liberale Variante und findet vom linken bis zum rechten politischen Spektrum Befürworter 
Das emanzipatorische Modell
  • Höhe des Grundeinkommens hängt jährlich vom Bruttoinlandsprodukt ab; die daraus errechnete Hälfte wird ausgezahlt; 2013 wären es beispielsweise 1050 Euro für Personen ab 16 J. und 540 Euro für Kinder
  • Finanziert wird es außerdem durch höhere Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen sowie durch Streichung bestimmter Sozialleistungen (bspw. BaföG) und dem Abbau von Bürokratie
  • Solidarische Erwerbslosenversicherung / solidarische gesetzliche BürgerInnenversicherung, falls in extremen Situationen wie Krankheit, Arbeitslosigkeit etc. ein erhöhter Bedarf besteht
  • Höherer Mindestlohn
  • Ziel ist, die Umverteilung und freie Arbeits- und Lebensplanung zu ermöglichen 
Modell des dm-Gründers Götz Werner
  • Nicht das Einkommen soll besteuert werden, sondern der Konsum (mit ca. 50% Mehrwertsteuer)
  • Etwa 1000 Euro pro Person unabhängig von Einkünften
  • Auflösung von Sozialleistungen und Bürokratie
  • Keine Besteuerung von Unternehmen mehr, Deutschland als „Steueroase“
  • Ökonomisch umsetzbar, da nur Konsum und nicht Einkommen besteuert werden würde
  • Arbeitnehmerschutz wird aufgehoben
  • Löhne müssten steigen, um bestimmte Berufe attraktiv zu machen
  • Es muss ständig konsumiert werden, um den Topf für den nächsten Monat zu füllen 
Argumente für das BGE
  • Weniger Ausgrenzung, Entwürdigung
  • Schere arm/reich wird kleiner
  • Kinder und Jugendliche haben unabhängig von ihrer Herkunft bessere Chancen
  • Stressbewältigung, da eine Grundsicherung vorhanden; Ängste fallen dadurch weg
  • Arbeitnehmer können ihre Berufe freier danach wählen, was ihnen Spaß macht
  • Weniger Ausbeutung, da Arbeitgeber abhängiger von Arbeitnehmern
  • Höhere Motivation im Beruf und dadurch bessere Produktivität
  • Emanzipatorischer Effekt
  • Höhere Mobilität
  • „Sinnlose Ausgaben“, die durch Bürokratie entstehen, fallen weg
  • Der Drang nach Veränderung (bspw. Angetrieben durch die Digitalisierung)
  • Andere Themen wie Umwelt und Politik können wieder mehr in den Fokus gerückt werden, da mehr Zeit und weniger Zwang vorhanden
  • Eigene Talente können vertieft werden
  • Mehr Freiheiten
  • Weniger Abhängigkeit (bspw. von Alleinerziehenden)
  • Abstiegsängste, Angst vor Globalisierung und damit verbundener Rechtspopulismus können zurückgehen
  • Stärkung der Demokratie
  • „Care work“ gewinnt größere Anerkennung
  • Mehr Freiwilligenarbeit
  • Alternative zum Wachstum; Wandel des traditionellen Menschenbilds
Argumente gegen das BGE
  • Abschaffung des Sozialstaats
  • Frage, ob Kosten für Wohnungen, Heimplätze etc. erhöht werden
  • Unterschied Stadt/Land wird nicht berücksichtigt
  • Finanzierungsfragen für Alte/Kranke
  • Ungleichheit von Ein-Personen-Haushalten zu bspw. Großfamilien
  • Keine Unternehmenssteuer – Auswirkungen auf globalen Handel?
  • Wegfall von Verwaltungsapparaten bringt Arbeitslosigkeit mit sich
  • Reparaturen des jetzigen Systems geraten durch Debatte in Vergessenheit
  • Was ist mit den Menschen, die spezielle Förderung benötigen?
  • Gerechtigkeitssinn wird gestört: „get something for nothing“
  • Integration wird erschwert
  • Frage danach, WER das BGE bekommt
  • Generell schwierig, sich ausgehend vom jetzigen System in ein neues um- bzw. einzudenken
Zusätzliche Quelle: https://www.bpb.de/dialog/netzdebatte/223286/das-bedingungslose-grundeinkommen-drei-modelle

Kommentare

  1. Interessant im Kontext des bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ist auch die Gemeinwohl-Ökonomie, die von Christian Felber ins Leben gerufen wurde. Kern der Gemeinwohl-Ökonomie ist die Gemeinwohl-Bilanz, die (besser als das BIP) transparent misst wie das Gemeinwohl eines Unternehmens ausfällt. Die Gemeinwohl-Ökonomie ist ein interessantes alternatives Wirtschaftsmodell, dass u.a. in Gemeinden in Südtirol auch schon angewendet wird.
    Folglich wird (besonders im Link zum Mitschnitt von Radio München) darauf eingegangen ob die Gemeinwohl-Ökonomie und das BGE zusammen passen:

    https://bayern.ecogood.org/gehen-gemeinwohloekonomie-und-bedingungsloses-grundeinkommen-zusammen/

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