Separatismus: Kurden in der Türkei

Kurden als eine Minderheit verstehen?
  • Kurden = Ethnie, seit der Gründung der Türkei 
  • Heute: Starke ethnisch-nationale Identität 
  • Wandel der Kurden: Von einer Ethnie zu einer Ethnizität; hängt eng mit der Geschichte des Landes zusammen 
  • Umfrage 2007: 11,97% gaben an, kurdisch zu sein und 1,01% Zazaki
War die politische und kulturelle Autonomie nur ein Versprechen?

Nach dem Zerfall des Osmanischen Reiches und nach dem Ersten Weltkrieg gab es nur noch zwei große muslimische Gemeinschaften: Kurden und Türken. Beide Nationen waren gezwungen, eine gemeinsame politische Existenz zu finden.

Mustafa Kemal: „[…] all die unterschiedlichen Gruppen von Muslimen, die innerhalb der nationalen Grenzen leben, sind wahrhaft Brüder, die die nationalen, regionalen und brauchtumsspezifischen Besonderheiten aller anderen Gruppen achten.“

--> Kurden wurden als eine Gruppe mit eigener Verfasstheit und eignen sozialen Regeln anerkannt
--> In den kurdisch besiedelten Gebieten sollten schrittweise lokale Verwaltungen ausgebaut werden 

Die kurdische Version von Nationalgeschichte und das Kurdenproblem

Es leben 13 Millionen Kurden in der Türkei und sie gelten als größtes Volk ohne einen eigenen Nationalstaat. Sie leben meist in den Provinzen Adiyaman, Agri, Batman, Mus, Mardin, Sirnak, Urfa etc. Im Osmanischen Reich gab es keine Direktherrschaft über die Kurden. In den 30er Jahren wurde die Selbstherrschaft der Kurden beendet. Atatürk gründete einen Staat für alle muslimischen Gruppierungen und Völker, darunter Lasen, Tscherkessen und Kurden.

Aussage der Kurden: Die Kurden haben damals nicht mit den Türken zusammen gekämpft. Sie haben sich den Türken mit “ihrem eigenen Land“ angeschlossen.

--> Folge: Atatürks Vorstellung einer Nation der Türkei entpuppte sich schnell als eine türkische Nation. Kurden wurden immer mehr zu einer Minderheit. Zwischen 1920 und 1930 probten die Kurden im Südosten der Türkei 16 mal einen Aufstand und wurden 16 mal besiegt. In Ankara wurde die Religion verstärkt zurückgedrängt. Alle kurdischen Beamten wurden aus ihren Ämtern entlassen. Kurdische Eliten wurden in den Westen der Türkei verbannt 

50er Jahre
  • DP (Demokratische Partei) wurde Regierungspartei
  • Adnan Menderes wurde erster gewählter Ministerpräsident
  • Umgesiedelte kurdische Familien durften in Heimat zurück
  • Verminderung militärischer Kontrollen in kurdischen Gebieten
  • Ausbau der Infrastruktur in Kurdistan wurde gefördert
  • Säkularisierungs-Reformen wurden teilweise rückgängig gemacht
  • 1960: Militärputsch, Ende der DP-Regierung
  • Cemal Gürsel als neuer Ministerpräsident
Regierungswechsel war ein Rückschritt für die Kurden:
--> Erneute Umsiedlung einflussreicher kurdischer Familien in den Westen
--> Umbenennung kurdischer Dörfer

Seit Mitte der 70er Jahre
  • Viele zerbrechliche Koalitionsregierungen 
  • MHP (Partei der nationalistischen Bewegung) konnte sich Machtstellung sichern 
  • 1980 erneuter Militärputsch 
  • Verbot prokurdischer Parteien und Vereine 
  • Verbot der kurdischen Sprache 
  • Begriff „Bergtürken“ eingeführt --> Der Begriff war eine rassistische Bezeichnung für Kurden
    Ausgrenzung und Assimilierung: Nach dem Putsch 1980 wurde die Verfassung geändert
  • Artikel 11 definiert die Nation als ethnisch türkisch
Nur die PKK erholte sich von Verbot! 

Die PKK - Partiya Karkeren Kurdistan

Die Terrororganisation ist eine kurdische, sozialistisch ausgerichtete militante Untergrundorganisation. Sie verfolgen eine marxistisch-leninistische Ideologie. Die PKK kämpft für die politische Autonomie kurdisch besiedelter Gebiete. Ziel der PKK ist die Gründung eines unabhängigen kurdischen Staates oder ein „Demokratisches Autonomes Kurdistan“. Gegründet wurde sie von Abdullah Öcalan.

Die PKK erreichte weite Teile des Südostens und wurde zu einer Art Parallelverwaltung und kontrollierte das Leben der Menschen in diesen Provinzen. Öcalans Truppen greifen nicht nur militärische Ziele und Polizisten an, sondern auch Ärzte und Lehrer. 1995 kam es zu Friedensgesprächen. Öcalan behauptet, ein kurdischer Staat sei nicht das Ziel. Schikanen und Anschläge dauerten trotzdem an. Im Februar 1999 kommt zu der Festnahme Öcalans.
  • Ziel: Bewaffnete "Befreiung" Kurdistans von den Türken
  • Finanziert sich bis heute durch freiwillige und erzwungene Abgaben, Schutzgelder, Waffen- und Drogenhandel 
  • 1991/92 kurdische Sprache wird legalisiert 
  • 1994 Eskalation des PKK-Konflikts 
  • 1995 kam es zu Friedensgesprächen; Öcalan behauptet ein kurdischer Staat sei nicht das Ziel. Schikanen und Anschläge dauerten trotzdem an 
  • Annährung der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) an HDP (demokratische Partei der Völker) 
  • Februar 1999: Festnahme Öcalans 
  • 2010 erneute Friedensgespräche durch Erdogan mit der PKK 
  • Die PKK ist in der EU-Terrorliste auf Platz 13 
  • Mit 42 Anschlägen seit 1984 stellt die PKK in der Türkei die größte Terrororganisation dar 
  • Insgesamt kamen wegen diesem Konflikt bislang etwa 45.000 Menschen ums Leben

Die türkische Position in der Kurdenfrage
  • Nur Rechtsextreme sagen heute noch, dass es keine Kurden gibt. 
  • Die Aufstände seien kein Krieg zwischen Kurden und Türken gewesen, sondern Streitigkeiten zwischen einzelnen kurdischen Stämme. 
  • Kurden sind weder religiös noch sprachlich als eine einheitliche Nation zu verstehen. 
  • Die Kurdenfrage ist kein Problem der Minderheiten, sondern vielmehr eine Folge ungleicher wirtschaftlicher Entwicklung. 
  • Kurden und Türken sind im Staatsdienst und den politischen Parteien gleichgestellt. 
  • Rechtlich haben Kurden in der Türkei keine Nachteile und bekamen sogar unter der Regierung von Erdogan und der AKP mehr Autonomie und kulturelle Freiheiten, als je zuvor. 
  • Lasen, Tscherkessen, slawische Auswanderer leben friedlich in der Türkei und sind auch Minderheiten. Warum ist das dann nicht für die Kurden möglich? 
  • In vielen Gebieten sind Kurden gegen eine Spaltung der Türkei für einen eigenen Nationalstaat.

Kommentare

  1. Anknüpfend dazu, findet man auf der Bundeszentrale für politische Bildung eine Zusammenfassung unter dem Punkt "Innerstaatliche Konflikte und Kurdenkonflikt":

    http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54641/kurdenkonflikt

    Hier werden weitere wichtige Ereignisse und Hintergrundinformationen genannt wie:
    - Die Kurden und der IS
    - Die Opposition HDP (in der Türkei)
    - Weitere Konfliktländer: Syrien, Irak, Iran
    - Schwesterpartei der PKK in Syrien: PYD
    - Afrin und "Operation Olivenzweig"
    - Referendum Irak (25.09.2017)
    - Konflikte Iran: PDKI, PAK, PJAK

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  2. Hier sind noch ein paar interessante Artikel zum Thema Kurden und der IS, die türkische Militäroffensive in Afrin und die Reaktionen der westlichen Mächte auf die umstrittene Operation gegen die YPG-Stellungen in Nordsyrien.

    -https://www.heise.de/tp/features/Neue-Allianzen-zwischen-kurdischen-Separatisten-und-dem-Islamischen-Staat-3962826.html

    -https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-11/separatismus-zentralstaaten-spanien-katalonien-irak/seite-2

    -https://www.cicero.de/aussenpolitik/kurden-tuerkei-syrien-autonomie


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